Achtes Colloquium Do 16.05.24, 18:30, NIG*, Hörsaal 3D

Immanenz, Kommunikation und der Hass der Poesie. Batailles Denken des Unmöglichen zwischen Literatur, Ökonomie und Erotik

Georges Batailles vielschichtiges und disparat wirkendes Werk kreist um ein zentrales Problem: Das Denken, und noch wichtiger, die Kommunikation des Unmöglichen. Dieses Unmögliche ist es, was uns nach Bataille als menschliche Wesen ausmacht und uns eine souveräne Existenz verleiht. Wir werden dem Unmöglichen unter anderem in den antiökonomischen Formen des Opfers, des Festes, der Verschwendung gewahr, welche sich dem Primat der Nützlichkeit entziehen, in der erotischen Ekstase, die eine Bejahung des Lebens bis in den Tod darstellt, und in der Literatur, insbesondere der Poesie, die die Kommunikation schlechthin ist. Im Unmöglichen findet sich nach Bataille das Subjekt wieder, als das, was es wirklich ist, als Riss, an dem eine intensive Kommunikation stattfindet, die in die Immanenz verweist. 1962, kurz vor seinem Tod, gibt Bataille seine Erzählung Der Hass der Poesie, versehen mit einem neuen Vorwort unter dem Titel Das Unmöglicheneu heraus. Diese Verbindung zwischen dem Unmöglichen und der Literatur, speziell in der Form der Poesie, die Bataille so an seinem Lebensende nochmals betont hat, eröffnet einen Zugang zu einem sonst oft kryptisch und unstrukturiert anmutenden Werk.

Siebtes Colloquium Do 11.04.24, 18:30, NIG*, Hörsaal 3D

Aus der Nacht in die Nacht – Zum literarischen Moment des philosophischen Schreibens (Maurice Blanchot)

Genauso, wie Blanchot über die Literatur schreibt, dass sie als Negation ihrer Selbst nichtig, illegitim und eine Täuschung ist, könnte man dies auch über die Philosophie behaupten. Die Forderung nach einem philosophischen Schreiben der Diskontinuität und des Fragmentarischen, die er dabei verhandelt, kann damit auch gelesen werden als eine Forderung nach einer Philosophie, die in ihrer Form der Literatur oder gar der Lyrik ähnelt: Eine Philosophie, die den Tod in ihrem Rücken sieht und aus der Leere des Grabes die Wirklichkeit seiner Sprache schöpft. Eine Philosophie der Mehrdeutigkeit, die als unbestimmte Negation aus dem Negieren heraus eine unscharfe Vielheit erschafft, die das Unerklärliche vergegenwärtigen kann. Könnte eine Philosophie, die in ihrem Schreiben ein Moment des Literarischen enthält, ein unvergängliches Werk sein, wie Blanchot in Anlehnung an Hegel schreibt?

Ausgehend von einigen Textpassagen aus der auf Deutsch erschienenen Textsammlung „Das Neutrale“ von Maurice Blanchot möchte ich mit euch diskutieren, inwiefern philosophisches Schreiben sich einem literarischen Schreiben annähern kann. Ich möchte dabei offen erfragen, ob diese Annäherung sinnvoll sein kann, in welchen Fällen sie zu Tage tritt und dabei ganz besonders ein Augenmerk darauf legen, inwiefern wir in unserem philosophischen Schreiben literarische oder gar lyrische Momente integrieren können. Ich freue mich über eine Diskussion mit euch, die das Verhältnis der Form der Philosophie zu ihrem Inhalt reflektiert, die eine Auflösung dieser Form in Betracht zieht und die für uns alle neue Gedanken zu dem philosophischen Schaffensprozess des Schreibens anregen könnte. Unsere gemeinsamen Überlegungen werde ich dann so gut es geht zusammenfassen und auf meinem Blog kammerlphilosophieb-log.wordpress.com veröffentlichen, sodass wir alle weiterhin darauf zugreifen können. Ich freue mich schon auf die gemeinsame Sitzung!

Ana Drujan

Sechstes Colloquium Do 14.03.24, 18:30, Hauptgebäude, Seminarraum 8

KAFKA – ein radikaler Perspektivist

In unserer ersten Einheit werden wir uns – anlässlich seines diesjährigen 150. Geburtstag – mit Franz Kafka Beschäftigen:
Kann man in Kafkas Werk von radikalem Perspektivismus sprechen? Wir möchten uns dieser Frage anhand einiger Texte Kafkas und mittels Donna Haraways Konzept des „situierten Wissens“ nähern.
Ob es Josef K ist, der im Gerichtsapparat verstellt durch Gänge, Bürokratieapparate, Tore und Mauern nie einen Blick auf „das Gesetz“ erhascht, der auf dem Rücken liegend erwachende Gregor Samsa oder z.B. die ungewöhnliche Verortung der Erzählerfigur in ihrem Bau in der gleichnamigen Geschichte: es scheint immer die Perspektive zu sein, die letztendlich das hervorbringt, was wir „Kafkaesk“ nennen und die große Kraft von Franz Kafkas Prosa freisetzt. 
„Er hat den archimedischen Punkt gefunden, hat ihn aber gegen sich ausgenützt, offenbar hat er ihn nur unter dieser Bedingung finden dürfen.“ (Kafka, Aphorismen: Paralipomena zur Reihe „Er“)
Was ist das „Kafkaeske“ in den unhintergehbaren Perspektiven bei Kafka? Welche Macht geht von der Perspektive aus? Und welche vom Nicht-Perspektivier- und damit Perzipierbaren? Wir möchten mit euch, Kafka und Haraway philosophisch Experimentieren.

Fünftes Colloquium Do 25.01.24, 18:30, NIG Hörsaal 3F

„CLINAMEN – Bewegtbilder des Denkens“ – An der Grenze zwischen Philosophie und Kunst mit einer Performance von Noemi Call und Philipp Quell 

Sarah Kofman wirft in ihrer Beschreibung der Paarung von Kunst und Philosophie eine Frage auf: „Aus der Kunst eine philosophische Frage machen, einen Diskurs über die Kunst führen, der sich diesem System von Oppositionen beugt, heißt das nicht die Herrschaftsgeste der Philosophie zu wiederholen, die immer die Kunst dem Logos und der Wahrheit unterordnen wollte?“(Kofman 1990, „Die Melancholie der Kunst“ in: Postmoderne und Dekonstruktion, 224)  

Die Beziehung zwischen Philosophie und Kunst scheint in einer Sackgasse zu sein. Entweder die Philosophie spricht „über“ die Kunst und will erklären, was sie „eigentlich“ bedeutet, oder sie muss sie unberührt und für sich selbst sprechen lassen. Doch gibt es neben dieser erstarrten Opposition alternative Wege, Holzwege oder Schleichwege vielleicht, die Kunst und Philosophie in einen „Dialog auf Augenhöhe“ bringen? In einem Dialog mit dem Videokünstler H. Arcier, der in seinem Werk die atomistische Kosmologie zum Anstoß nimmt, um eine ganz neue Perspektive auf den Tanz zu eröffnen, wollen wir mit einem performativ-philosophischen Text antworten, indem wir Figuren und Impressionen des Videokunstwerks sprachlich verarbeiten und weiterspinnen.

Den Link zu dem Video findet ihr hier: https://www.youtube.com/watch?v=xOXJl6zD9gw

Viertes Colloquium Do 11.01.24, 18:30, NIG Hörsaal 3F Vermittlungsbegriff in der Medienphilosophie

Im Rahmen der Khora-Treffs, die sich dieses Semester thematisch rund um die Begriffe „Technik, Kultur und Praxis“ drehen, wird Christoph Poschner das Exposé seiner Masterarbeit präsentieren. Auf der Suche nach einer Erklärung für die wechselseitigen Einflüsse von Bewusstseinsvorgängen und medialen Prozessen ergründet seine Arbeit die Schnittflächen zwischen klassischer Bewusstseinsphilosophie und moderner Medienphilosophie sowie die Folgewirkungen dieser Überschneidungen.